Bericht Petra Oktober 2024

Die Zeit geht wie im Flug.

Familie

Julia ist mittlerweile acht Monate alt und ein richtiger Wonneproppen. Vom Essen ist sie, obwohl sie nicht sehr schlank ist, noch nicht wirklich überzeugt. Anscheinend ist die Muttermilch noch zu gut um sich den Bauch mit Anderem vollzuschlagen. Sie ist gesundes und zufriedenes Baby, dafür sind wir sehr dankbar.

Caterina wächst zu einer immer selbständigeren willensstarken jungen Dame heran, mit der es nicht immer einfach ist, auf einem gemeinsamen Nenner zu kommen. Sie ist sehr schlau und erstaunt mich immer wieder, was sie schon alles rein durchs Nachahmen kann. Es ist lustig ihr dabei zuzuschauen. Sie gerne der Boss und sagt, wo es langgeht. Wenn Agesta da nicht immer mitmachen will ist das schwierig zu akzeptieren.
Auf der anderen Seite ist sie sehr sensibel und auch anhänglich. Ihre kleine Schwester mag sie sehr gerne auch wenn zwischendurch kommt doch etwas Eifersucht auf und sie findet man sollte Julia wegwerfen. Meist hält es aber nicht lange an nach ein paar Stunden Schlaf ist der Anfall wieder vorbei.

Agesta wächst ziemlich schnell und holt nach was sie die Jahre davor verpasst hat. Sie läuft nun ziemlich gut und redet auch viel mehr, zusammenhängende Sätze sind jedoch noch schwierig. Aber wenn man sie kennt versteht man, was sie mitteilen möchte. Auch bei ihr zeigt sich immer mehr ihr eigener Wille und sie macht nicht mehr alles was man ihr sagt. Dass führ dann zu Konflikten mit Caterina. Man merkt jedoch schon noch, dass sie Defizite hat. Sie lernt ziemlich langsam und kann eine Aufgabe erst nach mehrmaligen Wiederholungen ausführen. Es braucht ziemlich viel Geduld. Ich hoffe sehr, dass mit der Zeit ihre kognitiven Fähigkeiten noch Fortschritte machen.
Es tut mir weh zu wissen, dass sie nicht so geboren wurde, sondern dass durch die Vernachlässigung in ihren ersten Lebensjahren viel kaputt gemacht wurde. Dadurch hat sie einfach schlechtere Chancen im Leben haben wird als Caterina.

Arbeit

Seit Ende Mai habe ich wieder angefangen zu arbeiten. Morgens fange ich etwas später an um noch einige Sachen zu Hause zu erledigen. Anfangs wollte Julia vom Schoppen gar nichts wissen und fastet bis ich wieder nach Arbeit wieder nach Hause kam. Mittlerweile hat sie den Schoppen akzeptiert, somit habe ich etwas mehr Ruhe, wenn ich einmal etwas später nach Hause komme.

Vanessas Wunden sind vollständig abgeheilt. Im Juni wurden ihre Arme operiert um die Kontrakturen zu lösen. Es wurde besser aber ist noch nicht ganz gut. Sie wird wohl noch ein paar Mal operiert werden müssen, aber es ist für mich noch immer ein Wunder, dass sie überlebt hat. Sie ist mittlerweile ein richtig aufgestelltes Mädchen und wird nächstes Jahr mit der Schule anfangen.

Die letzten Monate hatten wir wieder einige Verbrennungskinder. Die meisten konnten wir durchbringen. Einer unsere Ärzte, Agrey, ist mittlerweile sehr talentiert im Haut transplanieren so konnte der Wundheilungsprozess massiv vorangetrieben werden. Leider geht er diesen Monat für drei Jahre weg um in Orthopädie zu spezialisieren. Er wird uns im «Wundambi» in und vor allem in der Betretung der Verbrennungspatienten sehr fehlen, da er ein sehr engagierter und kompetenter Arzt war.

Einen sieben Monate alten Jungen, Givan, konnten wir leider nicht durchbringen . Er hatte die Rückseite der Beine und ein Teil des Gesässes mit heissem Wasser verbrannt. Die Wunde die anfangs eher oberflächlich schien, wurden bei jedem Verbandswechsel tiefer. Die Entzündungswerte stiegen und das Kind war in einem schlechten Zustand. Unsere Maschine um Elektrolyte zu messen, ginge gerade zu dieser Zeit kaputt und wir mussten sie auswärts messen lassen, was mühsam war und lange ging. Einen venösen Zugang zu finden war extrem schwierig das arme Kind wurde unzählige Male gestochen. Einer unserer Ärzte schaffte es und wir konnten ihm die Antibiotika und Flüssigkeit geben, die es brauchte. Sein Zustand stabilisierte sich.

Seine beste Möglichkeit zu überleben war, eine Hauttransplantation zu machen. Zu dieser Zeit ging unser Dermatom (Gerät um diese Operation durchzuführen) kaputt. So organisierte ich, dass wir eines von einem anderen Spital in Sumbawanga ausleihen konnten. Nach einigem Hin und Her willigte auch der Vater des Kindes für die OP ein, und sie wurde erfolgreich durchgeführt. Leider war der Erfolg nur von kurzer Dauer, der Zustand des Kindes wechselte nach einigen Tagen wieder, es wurde septisch. Die Antibiose wurde gewechselt, die entgleisten Elektrolyte korrigiert, am Freitag war es einigermassen stabil. Am Sonntagmorgen rief mir die Mutter an, es gehe ihm schlecht. Ich ging schnell in Spital, wo wir nochmals versuchten, was wir konnten um es zu retten. Aber nach kurzer Zeit starb der Kleine vor unseren Augen.

Der Tod von Givan ging mir nahe wie noch kein anderer und ich war ziemlich fix und fertig. Ich hatte extrem viel Zeit und Mühe investiert und es schien alles nutzlos hatte es doch nur dazu beigetragen, dass der Kleine länger gelitten hat. Es ist manchmal nicht zu verstehen, wieso solche Sachen passieren müssen.

Immer mehr sehe ich, dass es wichtig wäre eine spezielle Station mit geschultem Personal für Verbrennungen aufzubauen. Leider ist es schwierig, da diese Station nicht selbst tragend sein wird. Verbrennungspatienten sind meist sehr lange hospitalisiert, die Behandlung aufwändig und teuer, die meisten Leute können sich das nicht leisten… Viele der Patienten erhalten früher oder später finanzielle Unterstützung durch Spenden.

Spital

Finanziell ist das Spital immer noch schwierig dran. Die grosse Schuld die sich beim Einkauf der Medikamente angestaut hat, wird monatlich abgebaut und sollte bis Mitte nächsten Jahres abgezahlt sein. Es gibt aber immer noch viele Ausgaben und so ist es immer wieder ein Abwägen, was man im Moment bezahlen kann. Auch ist das Spital immer mehr renovierungsbedürftig. Es wird immer wieder etwas gemacht, aber man kommt mangels Finanzen nicht hinterher.
Was im Moment auch nicht ganz klar ist, wie die Zusammenarbeit mit der Regierung weitergeht. Der Vertrag ist seit etwa zwei Jahren abgelaufen, und Diskussionen für einen neuen Vertrag mit etwas anderen Konditionen sind in Diskussion. Es läuft jedoch harzig, so ist es noch nicht ganz klar, wie die Zusammenarbeitet in Zukunft aussieht.
Eine gute Nachricht ist, dass diese Woche Dr. Martin von seiner Ausbildung zum Kardiologen zurückkommt. Somit wird er sicher für positive Veränderungen zur Behandlung der Patienten beitragen.

Soweit für heute. Vielen Dank für euer Mittragen.

Liebe Grüsse
Petra

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